Zweiter EKF-Erfahrungsaustausch beim BMVI

von | 19.12.2019 | BMVI | 11 Kommentare

Nach dem ersten Erfahrungsaustausch im Juli stand nun die zweite Runde zum Thema Elektrokleinstfahrzeuge am Dienstag, den 17.12.2019, in den Räumlichkeiten des Verkehrsministeriums an. Der BVEKF wurde durch Georg und Ramón vertreten. Weitere Teilnehmer waren Mitarbeiter der eScooter-Verleiher Bird, Circ, Floatility, Lime, Tier und Voi. Die Fa. dott konnte am Termin nicht teilnehmen. Der Bereich der “e-Scooter Hersteller” wurde leider nur durch den CEO Florian Walberg (Urban Electrics) vertreten. Aufgrund der vielen Themen dieses fast 3 stündigen Termins, haben wir nachfolgend versucht, alle angesprochenen Punkte entsprechend zusammenzufassen:

Aktuelle Situation

Nach Wahrnehmung des BMVI ist das Thema eScooter nun wieder weniger in der Presse vertreten. Man beobachtet, dass die Fahrzeuge gerne genutzt werden und die Zahl der Unfälle nicht ungewöhnlich hoch angestiegen ist. Auch die Verleiher bestätigten die positive Nutzung ihrer Angebote (“Deutschland ist ein sehr aktiver Markt im europäischen Vergleich”, “Nachfrage ist extrem hoch”, “Micro eMobilät ist eine Erfolgsgeschichte”) und blicken auf ein erfolgreiches Jahr 2019 zurück. Die Erwartungen wurden übertroffen und der Markt entwickelt sich weiterhin gut.

Das BMVI hat bisher keine verlässlichen Fahrzeugzahlen und wartet auf die Fakten der geplanten Bast-Evaluierung. Die Verleiher wurden gebeten, ihre aktuellen Zahlen dem BMVI und der Bast zu Verfügung zu stellen. Dieser Aufforderung kam direkt im Termin nur die Fa. Lime nach, die der Runde sehr offen ihre Zahlen kommunizierte: 6,5 Millionen Fahrten bei 1,5 Millionen Kunden mit 25.000 eScootern in den letzten 5 Monaten.

Neben vielen Sicherheitsthemen (z.B. automatische Geschwindigkeitsdrosselung und das Abschleppen von eScootern) ging es den Verleihern auch zusätzlich um das Thema Parken & Abstellen (“ruhender Verkehr”). Speziell bei diesem Thema schlug die Diskussion in der Runde schnell eine sehr emotionale Richtung ein, da z.B. herumliegende Leihfahrräder nicht so kritisch von Verbänden der Fußgänger, Blinden und Rentner beäugt werden als eScooter. Auch scheint sich das “Feindbild” der Radfahrer verändert zu haben. Wo es früher die Autofahrer waren, die den Radfahrer den Raum streitig machten, sind es nun die “langsamen” eScooter Fahrer.

Im internationalen Vergleich berichtet das BMVI, dass die eScooter Situation in anderen europäischen Städten sehr viel ungeordneter ist als in deutschen Städten.

EKFV wissenschaftliche Begleitung

Die Bast hat den Auftrag übernommen, das aktuelle Geschehen um Elektrokleinstfahrzeuge zu evaluieren. Das geplante Konzept für diese Studie wurde mit den Ländern abgestimmt und ist auf einen Zeitraum von 2,5 Jahren anberaumt. Ab Januar 2020 wird eine entsprechende Ausschreibung mit einem Auftragsvolumen von ca. 500.000 € veröffentlicht. Mit einem Abschlussbericht der Studie ist 2022 zu rechnen und vorab wird mit einem ersten Zwischenbericht Ende 2020 gerechnet. Als wichtiger Kern der Studie sieht die Bundesanstalt für Straßenwesen den engen Austausch mit Ländern, Verbänden, Verleihern und auch Herstellern.

Wie bereits in den letzten Wochen der Presse zu entnehmen war, werden ab 2020 auch eScooter Unfälle in die Unfallstatistik mit einfließen, um für verlässliche Zahlen in diesem Bereich zu sorgen. Außerdem sollen folgende 5 Themen in der Evaluierung betrachtet werden: allg. Geschehen, Verkehrsbeobachtungen/-zählung, Verletzungen bei Unfällen, nötige Schutzausrüstung und technische Aspekte.

BMVI EKF FAQ
BMVI EKF FAQ
StVO 2020

Aktuell ist das BMVI mit der StVO 2020 Novelle (auch Fahrrad-Novelle genannt) beschäftigt und muss mehr als 100 Anträge der Länder konsolidieren. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Meinungen zu Elektrokleinstfahrzeugen wünschen sich einige der Länder mehr Kontrolle über bestimmte Themen. Diese betreffen aber nicht nur EKF, sondern auch z.B. Leihfahrräder. Ab voraussichtlich Januar 2020 wird man mit den Ländern in den Austausch gehen.

Von dieser geplanten Novelle wird aber die noch sehr “junge” Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung unberücksichtigt bleiben. Nur das Thema “Parken & Abstellen” von Elektrokleinstfahrzeugen wird in der StVO geklärt (Sondernutzungserlaubnis; Artikel 29 neuer Absatz 4) und wird weiterhin nicht Bestandteil der EKFV werden. In vielen Anträgen der Länder wurde der Wunsch über eine Erlaubnispflicht für gewerblich genutzte Fahrzeuge laut, um damit allen E-Scooter-Anbietern klare Vorgaben zu Themen wie z.B. Anzahl der E-Scooter, Ort, Laufzeit, Park- & Abstellzonen zu machen. Das BMVI betonte aber gleichzeitig, dass das Geschäftsmodell der Verleiher davon nicht sonderlich stark beeinträchtigt werden soll. Die StVO 2020 Novelle soll im ersten Halbjahr des nächsten Jahres in Kraft treten und eine zusätzliche Anhörung von Verbänden wird derzeit geprüft.

Nicht zugelassene Elektrokleinstfahrzeuge

Sehr wenig bis keine Anfragen von Nutzern und Verbrauchern verzeichnete das BMVI zum Thema private E-Scooter ohne Straßenzulassung bzw. wie man nachträglich mit diesen Fahrzeugen legal und versichert am Verkehr teilnehmen kann. Als primären Grund dafür sieht das Ministerium vermutlich, dass viele Kunden ihre Anfragen direkt beim Hersteller platziert haben. Diese Vermutung konnte Florian Walberg bestätigen, da das “Umrüst-Set” im aktuellen Programm seiner Firma das meistverkaufte Produkt ist. Aufgrund der wenigen Anfragen ordnet man dem Thema von Seiten der Abteilung StV 24 eine eher geringe Gewichtung zu und zieht daraus den Rückschluss, dass es sich eher um ein kleines Problem innerhalb der Bevölkerung handelt.

Geräte ohne Lenkstange

Die im ersten Quartal 2019 angekündigte Regelung für “Fahrzeuge ohne Lenkstange” ist auch im nächsten Jahr weiterhin nicht in Planung. Mit einer ersten politischen Entscheidung rechnet man frühestens im Zusammenhang mit dem Zwischenbericht der Bast Studie Ende 2020, da die darin wissenschaftliche Analyse der neuen Fahrzeuge berücksichtigt werden soll. Aus diesem Grund sieht man von Seiten des Ministeriums auch keine Möglichkeit, eine frühere Entscheidung zu diesem Thema zu treffen.

EKFV 2.0

Geplante Anpassungen der Verordnung sind natürlich von Seiten des “StV 24 (B/BN) Fahrzeuge im Straßenverkehr” eingeplant, da man gegenüber zukünftigen Innovationen offen sein und geplante Entwicklungen nicht aufhalten möchte. Auch die Verleiher reflektieren das Nutzerverhalten und merkten an, dass die aktuellen Regeln der Verordnung bei den Kunden kaum bekannt, zu komplex und in ihrem Umfang sehr schwer vermittelbar wären. (z.B. in einigen Punkten sind E-Scooter dem Rad gleichgesetzt und in anderen wieder nicht)

Hersteller

Florian Walberg hat die derzeitigen Zulassungspraktiken angesprochen – die gelebte Praxis im Zusammenhang mit Licht-/ Bremssystemen und dem Tempomat auf Seiten der Prüfer ist als sehr unterschiedlich anzusehen. Trotz klarer Vorgaben ist kein einheitliches Vorgehen bei der Erteilung einer Allgemeinen Betriebserlaubnis erkennbar bzw. nicht alle Hersteller werden gleich behandelt. Das BMVI zeigte sich gegenüber dieser Kritik sehr interessiert und wird diesen Punkten nachgehen.

Blinker

Die Richtungsanzeige für Elektrokleinstfahreuge, welche einst von verschieden Ländern vehement gefordert wurde, wird nun von der Mehrzahl nicht mehr in Betracht gezogen. Somit geht das BMVI davon aus, dass dies auch nicht weiter verfolgt wird.

unser Fazit

Auch wenn einige Themen als nicht wirklich “positiv” zu werten sind, begrüßen wir dennoch den sehr offenen und konstruktiven Austausch mit dem BMVI. Wir werden natürlich weiterhin an allen Themen rund ums Elektrokleinstfahrzeug dran bleiben und 2020 eure Interessen gegenüber dem Verkehrsministerium vertreten und an wichtigen Terminen teilnehmen. Mehr dazu gibt es immer zeitnah in unserem Mitgliederbereich.

11 Kommentare

  1. Mark

    Scheiss BMVI! Ich will endlich legal e-Skateboard fahren!

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  2. h.j.

    Hi,

    Auch scheint sich das “Feindbild” der Radfahrer verändert zu haben. Wo es früher die Autofahrer waren, die den Radfahrer den Raum streitig machten, sind es nun die “langsamen” eScooter Fahrer.

    Ich empfinde die Reaktion „der Fahrradfahrer“ und ihres Verbandes irgendwie befremdend. Ich habe den Eindruck, „immer nur Ich“, der Ellenbogen pedalierend.

    Wie wäre es denn, wenn die Fahrradfahrerschaft auf die Elektrokleinstfahrzeuge zugehen würde, unter dem Motto: Hey, lass uns doch gemeinsam dafür eintreten, damit die Radwegsituation sich nachhaltig verbessert. Vielleicht lässt sich dann mehr positives erreichen.

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  3. Basem

    Können die uns keine Ausnahmegenehmigung für die e-Longboards, etc. erteilen? Das Gerät kostet schon knapp 2.000€, möchte da nicht nochmal eine Strafe zahlen müssen, eine Anzeige bekommen und mein Gerät der Polizei abgeben … dieses Vorgehen ist doch sowas von Schwachsinn …. #wirwollenlegalfahren

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  4. Daniel

    War zu befürchten, 20 km/h auf dem Roller ist zu langsam, wenn ich mit dem Fahrrad so schnell fahren darf wie ich kann. Diese Unterscheidung 20 und 25 km/h ist der größte Knackpunkt. In vielen Eu Ländern sind escooter und Pedelecs gleichgestellt.

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  5. DK

    Das Traurige ist es, dass alle legal fahren wollen, aber es dafür keinen Gesetz gibt. Man möchte innovativ bleiben aber dafür nichts tun. Warum kommt man den E-Skateboardfahrern nicht einfach entgegen, warum das Rad neuerfinden und nicht einfach übernehmen was in anderen europäischen Ländern Alltag ist? Bei vielen anderen Gesetzen macht man es doch auch?!

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  6. Crania

    Das Ganze ist sehr unerfreulich und wenig Kundenfreundlich.
    Ich versuche nun schon seit Monaten beim BMVI, beim KBA, und beim TÜV eine
    Aussage zu bekommen, ob mein Tretroller denn nun einem Elektrokleinstfahrzeug oder einem Pedelec gleichgestellt ist.
    Alle Beteiligten winden sich, antworten erst nach Wochen oder gar nicht,
    und wenn, dann nur mit stereotypen Antworten.

    Im Prinzip geht es um die zwei grundsätzlichen Eigenschaften:
    a) Ein Elektrokleinstfahrzeug fährt ausschließlich mit Elektroantrieb.
    b) Ein Pedelec fährt mit Muskelkraft und elektrischer Tretunterstützung.

    Wenn nun ein Tretroller mit Muskelkraft und elektrischer Tretunterstützung fährt,
    so ist er doch ganz klar einem Pedelec gleichzustellen.
    An keiner Stelle in den Gesetzestexten ist hier eine Tretunterstützung durch „Pedalieren“ gefordert.
    Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) §1 Abs. 3 sagt hier explizit …Muskelkraft… und …Hilfsantrieb…
    Dieser Paragraph wir ja auch in der StVO-Novelle 2020 nicht verändert.

    Gruß
    Crania

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    • Lars Zemke

      Danke für Dein Feedback! Könntest Du mir den bisheriegen Schriftverkehr dazu zur Verfügung stellen? Schreibe Dir gleich mal eine Mail. Gruß Lars

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  7. Gerd

    “Geplante Anpassungen der Verordnung sind natürlich von Seiten des “StV 24 (B/BN) Fahrzeuge im Straßenverkehr” eingeplant, da man gegenüber zukünftigen Innovationen offen sein und geplante Entwicklungen nicht aufhalten möchte.”

    Bis wann ist eine Änderung zu erwarten? Wurde auf die potenziell tödlichen Nachteile der eKFV eingegangen?
    Bspw. keine Nutzung der Busspuren und Verpflichtung, sich in den Fließverkehr _zwischen_ Busspur und Fahrbahn einzuordnen (mit 20 Km/h…). Roller dürfen nicht rechts an verkehrsbedingt haltenden Autos vorbei etc.

    Bei der Statistik wäre es sehr sinnvoll, eine Unterscheidung zwischen Privat und Verleih zu machen.

    Antworten
      • Gerd

        Bedeutet also, dass in den nächsten mindestens 1,5 Jahre + x Jahre Umsetzung die Rollerfahrer in höchste Lebensgefahr geschickt werden. Wollen wir ernsthaft 14-Jährige zwischen die Busspur und die Autospur zwingen?

        Das kann und darf nicht passieren. Es wäre wichtig, zusätzlich zum BMVI Kreis noch eine weitere Gesprächsrunde auf verkehrspolizeilicher Ebene zu etablieren, um eine schnelle Lösung zu bekommen. In Berlin bspw. gibt es die sogenannte Berliner Linie – Lieferwägen dürfen zwar nicht in zweiter Reihe halten, werden aber geduldet.

        Alternativ vielleicht doch mal eine Klageerhebung gegen das BMVI – die Deutsche Umwelthilfe war da ja auch nicht zimperlich. Hier geht es schließlich um Menschenleben, da ist dieser nette Erfahrungsaustausch vielleicht nicht immer so zeitgemäß. Bei allem Verständnis für einen guten Draht zum Ministerium. Aber die wissen selbst auch, dass sie da ein selten schwammiges Konstrukt hingelegt haben.

        Antworten
  8. h.j.

    Hi, ich kann mich Gerd nur anschließen !!!

    Ich sehe nur noch die Chance, einfach gegen diese lebensgefährliche Quatschvorschrift zu wehren und dagegen zu verstoßen. Wird dann ein Elektro-Tretrollerfahrer aufgegeriffen und geahndet, dann hilft nur noch Widerspruch einlegen, ggf. auch vor Gericht. Gibt es dann eine Möglichkeit, den Fahrer dann als Prezedenzfall zu unterstützen, damit er nicht die Kosten dafür tragen muss ?

    Gegebenenfalls müsste dann die Stadt und der Verkehrsbetrieb verklagt werden, und ich hoffe dann nur, das diese schön verlieren.

    Fahrradfahrer sind ja eine höchst heterogene Gruppe, da von der langsam schleichenden Radfahererin, die vom E-Scooter überholt wird bis zum Rennradler, der für die Cyclassics trainiert, der Kleinkraftrad-Geschwindigkeit erreichen kann, alles vertreten ist.

    Der Ausschluss der Elektrokleinstfahrzeuge von der Busspur, in Gegensatz zum Fahrrad, was unter Berücksichtigung der Geschwindigkeiten nicht nachvollziehbar ist, geht meines Wissens nach einzig und alleine auf Lobbyarbeit der ÖPNV-Verkehrsbetriebe zurück.

    Somit machen sich die Verkehrsbetriebe wahrlich keine Freunde. Auch nicht die Behörden mit ihren lebensfremden Vorschriften, siehe oben.

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