Zu Gast bei Düsentriebs

von | 22.08.2021 | News, Zukunft | 2 Kommentare

Jedem, der sich fragt, warum ich in 1,5 Tagen über 1000 km zurücklege, um an einem Workshop in München teilzunehmen, kann ich nur einen Besuch in der Innovationsmanufaktur ans Herz legen. Seit geraumer Zeit kreuzen sich immer wieder unsere Wege wie z.B. als wir 2019 zusammen als Experten im Verkehrsausschuss eingeladen waren oder gemeinsam im House of Logistics & Mobility (HOLM) in Frankfurt neue Möglichkeiten diskutierten, um die wichtige Verkehrswende in Deutschland ins Rollen zu bringen.

Aus diesem Grund brauchte ich nicht lange überlegen, um für die Veranstaltung am 17.08.2021 zuzusagen, als es diesmal hieß “Natur trifft Technik trifft Freude – Zukunft der Mikromobilität”.

Zusammen mit Produktdesignern, Ingenieuren, Mitgliedern der Manufaktur sowie einem DBU-Vertreter waren wir gespannt auf das Programm des Tages. Nach der Begrüßung und einem kleinen Exkurs zu den drei Bionik-Prinzipien mit anschließender Diskussion wurde uns Schlabb-E vorgestellt.

Wer bei dem Begriff Schlabb-E an die berühmten “Schlappen” denkt liegt schonmal goldrichtig! Wie einen Schuh zieht man die beiden Rollschuhe über den Schuh am Fuß und schnürrt sie per Schnürrsenkel fest. Dabei ist noch festzuhalten, dass nur einer der beiden “Schlappen” elektrisch betrieben wird und seinen Nutzer pro Fuß mit nur 3 Rädern fortbewegt. Der klassische Bewegungsablauf des Rollschuhfahrens fällt dabei natürlich weg.

Schni Schna Schlabb-E

Die Idee für den Schlabb-E hatte die Innovationsmanufaktur schon vor einigen Jahren gemeinsam mit Partnern im Innovationsnetzwerk MILE skizziert. Im Rahmen eines Praxisprojekts an der Hochschule Reutlingen wurden im März 2021 fünf Studenten mit der Umsetzung dieses innovativen elektrischen Rollschuhs beauftragt. In nur vier Monaten entstand dann der erste Prototyp für den Schlabb-E. Dies unter der Begleitung durch fachkundige Hochschulprofessoren, u.a. vom DITF in Denkendorf, und Beratung durch weitere Experten aus dem Netzwerk der Innovationsmanufaktur. Dabei wurde ein stimmiges Konzept, von der Basisplatte über den Akku bis zur Motoransteuerung, erdacht, konstruiert und final zusammengebaut. Natürlich wurden auch diverse Fertigteile wie z.B. Skateboardachsen, Laufräder mit Hubmotor oder die Fernbedienung zusätzlich als fertiges Produkt in die Planung miteinbezogen. Selbst die für ihre modernen und neuartigen Ideen im Bereich Achse/Motor bekannte Firma JayKay wurde von den Studenten kontaktiert.

Der Schlabb-E

Bei ihrer Recherche zum Thema “Wo darf ich fahren?” stießen die Studenten auf diverse Hürden, die uns als Nutzer unregulierter Fahrzeuge seit langem ein Dorn im Auge sind und wir deshalb als Verband die Diskussion mit Erfahrungen und Einschätzungen bereichern konnten.

Leider benötigt jede noch so tolle und bahnbrechende Idee aus dem Bereich der “Motorfahrzeuge” eine passende Zulassung bzw. Fahrzeugklasse in der FZV. Das diese leider ihrer Zeit um Jahre hinterhinkt und einer dringenden Reform bedarf, wird mit jedem neuen nicht regulierten Fahrzeug, das in den Straßenverkehr drängt, immer wieder unter Beweis gestellt.

Schlabb-E Prototyp

Nach einem ausgiebigen Mittagsessen mit vielen interessanten Gesprächen, folgte – wie bereits in Mainz – der Praxisteil für die Teilnehmer im Olympia-Skatepark. Gerne hätte ich die knapp 4km Fahrtweg mit dem mitgebrachten elektrischen Einrad zurückgelegt, aber das aktuell doch sehr hohe Risiko, von der Polizei gestoppt zu werden, hielt mich davon ab. Jedenfalls gehe ich stark davon aus, dass ich als Erster ohne Wartezeit auf ÖPNV oder Parkplatzsuche am Ziel angelangt wäre.

Die Organisatoren des Workshops hatten ein breites Angebot von Fahrzeugen vorbereitet, welche legal mit Muskelkraft nutzbar sind. Zusätzlich war auch Günther als Mitglied des Verbands und der Innovationsmanufaktur dabei, testete unerschrocken Schlabb-E und zeigte vielen der Teilnehmer das Einradfahren.

Wieder einmal war ich sehr überrascht, mit welcher Offenheit das Einrad begutachtet und sogar getestet wurde. Natürlich hat nach der ersten Testfahrt nicht jeder sofort ein Fahrzeug bestellt, jedoch war vielen sehr schnell klar, dass die Verbindung aus “Spaß” und klein & handlich” eine neue Möglichkeit im Bereich der Kurzstrecke <10km sein könnte.

Wie ansteckend unser Workshop für alle anderen Besucher des Skate-Parks war, zeigte sich nach kurzer Zeit, denn viele nahmen die Möglichkeit wahr und probierten fleißig mit. Es entstand schnell ein reger Austausch über Sinnhaftigkeit und Schwierigkeitsgrad jedes einzelnen Gefährtes. Wie der Zufall manchmal so spielt, fuhr Günther per Einrad sogar einem Fernsehteam in die Arme, welches gerade Bilder für einen geplanten arte Beitrag zum Thema Olympiapark filmte. Ich hoffe wir schaffen es in den endgültigen Beitrag.

Nach dem “freien Spielen” wurden die Teilnehmer in kleinere Gruppen von 3-4 Personen aufgeteilt, um Themen wie z.B. “Mikromobilität im Winter” oder “Schlabb-E weiterentwickeln” auszuarbeiten. Die ausgearbeiteten Ergebnisse bildeten mit der Präsentation und dem Fazit jedes Teilnehmers das Ende des Workshops.

Nach Mainz war München mein zweiter offizieller Termin nach einer langen Corona Pause und es zeigt sich erneut, welche positive Wirkung der direkte Austausch im persönlichen Gespräch und eine Testfahrt für den Besucher auf dieser Art von Veranstaltung haben kann.

Mir persönlich gab es wieder neue Energie und den nötigen Rückenwind, um als “Don Quixote” weiter gegen die Windmühlen innerhalb der Gesellschaft, Politik und unseren Skeptikern anzutreten. Natürlich werden es erstmal nur kleine Schritte auf dem Weg zu einer Regulierung und sicheren Teilnahme am Straßenverkehr sein, aber auch die kleinen Schritte führen manchmal zum erhofften Ziel.

Präsentation und Fazit

2 Kommentare

  1. V8Axel

    Eine schöne Story und beruhigend, dass sich die neue Wissenschaft der Bionik den Fähigkeiten des Menschen angenommen hat, und geniale Tüftler daraus dieses technische Erzeugnis, den elektrischen Schuh, entwickelt haben.
    Das eSkateboard, OneWheel und eEinrad waren schon erfunden.

    Dürfen wir die wissenschaftlichen Überlegungen, die zu diesem „menschlichen“ Produkt geführt haben auch für uns benutzen? Gibt es über den Bionik-Vortrag auch ein Schriftstück oder Video?

    Es wäre doch schön, wenn wir einige Argumente der Bionik in der Diskusion um die „berühmte Lenkstange“ nutzen könnten.

    Antworten
    • Lars Zemke

      Hi Axel, habe ich bereits alles angefragt und hoffe auf Bereitstellung der Dokumente.

      Antworten

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